Ich weiß heute gar nicht mehr genau, wie ich auf die Idee gekommen bin. Anfang letzten Jahres las ich einen Artikel in der Zeitschrift „Aufatmen“ über den Weg. Ein Kommilitone war mehrere tausend Kilometer allein mit dem Fahrrad unterwegs – beides zusammen hat mich angeregt, einmal einen Urlaub allein zu machen. Ich hatte im Sommer Zeit und wollte das bewusst für mich nützen, bevor ich in mein letztes Studienjahr startete: Gedanken über mich, meine Vergangenheit und vor allem meine Zukunft, wie es nach dem Studium weitergehen sollte.
Anfang September wanderte ich los. In der ersten Woche begleitete mich meine Mutter, und wir hatten eine unglaublich schöne, gesegnete Zeit. Die restlichen beiden Wochen war ich alleine unterwegs. Insgesamt bewältigte ich eine Strecke von 320 Kilometern, etwa ein Drittel des ganzen Weges.
Die Zeit in Spanien war unglaublich! Es regnete nur an zwei Tagen. Gott segnete mich aber nicht nur mit schönem Wetter. Bis auf ein paar Blasen hatte ich keine Verletzungen oder Probleme, keine bösen Zusammenstöße mit fremden Menschen, mir wurde nichts gestohlen, mein Geld hat gut gereicht. Das zu den unwichtigen Äußerlichkeiten. Gott ist mir vor allem in meinen Ängsten und Befürchtungen und Zwängen begegnet, was ich an einer Situation festmachen möchte. Ich bin nicht gerne allein. Ich wollte herausfinden, ob ich alleine wandern könnte.
Unterwegs lernte ich zwei Jungs kennen, und wir trafen uns jeden Abend in den Herbergen. Es waren noch etwa 150 km bis Santiago und ich hatte jede Menge Zeit. Eines Tages, ich hatte mich mit den Jungs für den Abend wieder verabredet, lief ich bei strahlendem Sonnenschein über die Berge. Gedanklich überlegte ich, was ich in Santiago noch machen könnte, weil ich durch das Wandertempo der Jungs viel zu früh da sein würde. Und plötzlich machte es „Klick“ in meinem Kopf. Ich hatte diesen Weg doch aus einem anderen Grund angetreten. Ich wollte nicht hetzen, wollte einfach verweilen, wo es mir gefällt. Gegen 14 Uhr traf ich bei der nächsten Herberge ein und blieb dort. Ich hätte sicher zwei Stunden weiterlaufen können. Die Herberge war klein und wurde schnell voll. Ein bisschen traurig döste ich auf meinem Bett, als ich plötzlich bekannte Stimmen hörte: zwei Däninnen, mit denen ich schon gewandert war. Ich war so glücklich! Es war einer dieser vielen Momente auf diesem Weg, in denen Gott für mich gesorgt hat, mir in meinen Ängsten begegnete und mich reich segnete.
von Hannah Bendner