Gestern bin ich raus aus unserem Bürokomplex gefahren, um die „Dorfleute“ zu besuchen. Na ja, sie sind keine wirklichen Dorfleute, weil sie kein Dorf haben. Sie leben nomadisch, um Weideland für ihr Vieh zu suchen, aber pflanzen nichts. Deshalb ist das Land so öde. Es ist sehr heiß, ähnlich wie in der Wüste. Diese Leute haben schon seit drei Jahren keinen richtigen Regen gesehen. Überall waren sterbende Tiere und Kadaver. Es gibt zwar Flüsse, aber kein Wasser darin. Wir fahren sogar lieber im Flussbett, weil der Boden dort fester ist als auf der „Gebüschstraße.“
Es gibt hier keine richtige Straße. Wir müssen immer durchs Buschland fahren. Während der Fahrt sind wir zwei Mal im Sand stecken geblieben, und danach hatte der Kraftstoffbehälter ein Leck. Unser Fahrer hat drei Stunden gebraucht, um es zu reparieren. Gott sei Dank, er konnte danach ganz schnell fahren und den nächsten Ort vor dem Einbruch der Dunkelheit erreichen. Ansonsten hätten wir vielleicht auf die bewaffneten Rebellen treffen können, die immer in der Dunkelheit ihre Opfer suchen.
Trotz der riskanten Fahrt sind die Besuche wichtig. Die Leute sind auf die Hilfe anderer angewiesen. Bei den Besuchen und Gesprächen erfahren wir, was sie brauchen, um zu überleben. „Brunnen, Lebensmittel und Medikamente“ ist meistens die Antwort, wenn ich sie frage. So planen wir für die nächsten drei Jahre, Brunnen zu bauen, Lebensmittelpakete zu verteilen und eine mobile Gesundheitsversorgung zu organisieren. Natürlich bauen wir auch eine Schule und geben Schulungen in Landwirtschaft und Viehzucht.
An diesem Nachmittag hatte ich ein so unbeschreibliches Erlebnis, als die Leute mir plötzlich sagten, dass sie sesshaft werden möchten. „Ihr habt einen Brunnen und neben ihm eine Schule für uns gebaut. So können wir um den Brunnen wohnen und etwas pflanzen. Unsere Kinder können jetzt auch lernen, damit sie bessere Chancen haben als wir.“
Ja, ich bin jetzt in Äthiopien und bereue es nicht, hierher gekommen zu sein. Am 25. September 2009 haben mein Mann Jack und ich Hamburg – genauer Deutschland – nach mehr als 16 Jahren Aufenthalt verlassen. Äthiopien – das konnten die Leute nicht verstehen, als wir ihre „Wohin zieht ihr“-Frage beantworteten. „Wie?! Ihr möchtet Hamburg gegen Äthiopien eintauschen?“ kam dann meistens als Reaktion.
Eine moderne, große Wohnung in der Hauptstadt Addis Abeba und gutes Essen zu niedrigen Preisen. Freundliche, hilfsbereite, intelligente und fleißige Leute, warmes frühlingshaftes Wetter das ganze Jahr hindurch, was will man mehr?
Na ja, die Arbeit in der adventistischen Hilfsorganisation ADRA ist schon ziemlich hart, vor allem wenn wir in die abgelegenen armen Gebiete fahren müssen. Wir haben ein Abenteuer gewünscht und es auch bekommen. Wir sind Gott sehr dankbar, dass Er uns ein so aufregendes Leben hier geschenkt hat. Dadurch können wir viele Erfahrungen mit Ihm machen. Und das tut unserem Glauben wirklich gut!
Zurück nach Hamburg? Selbstverständlich! Aber nur zum Urlaub. Wir genießen gerade das Abenteuerleben mit Gott und möchten es nicht hergeben.
Liebe Grüße, eure Jary und Jack (zwei Indonesier in Äthiopien)